Krankenschwester Irene

Hoffnungsschimmer im Kampf gegen Lepra in Indien

Mit Inklusion erfolgreich gegen Angst und Stigma

Eine Initiative des «Nursing College of Salur Hospital» in Indien bietet einen Hoffnungsschimmer im Kampf gegen Lepra: Es bildet neue Gesundheitsfachkräfte aus und fördert die Inklusion von Betroffenen.

In Indien ist der Kampf gegen die Lepra nach wie vor eine grosse Herausforderung für das Gesundheitswesen. Zwar gibt es Fortschritte bei der Diagnose und Behandlung der Krankheit, doch der Mangel an ausgebildetem Personal ist nach wie vor ein grosses Hindernis bei der Versorgung der Patienten. Zudem hält die Stigmatisierung der Lepra viele Gesundheitsfachleute davon ab, sich in diesem Bereich zu spezialisieren.

Surjit Pal, Direktor des Spitals in Salur, berichtet: «Viele unserer erfahrenen Krankenschwestern werden in einigen Jahren nach 30 oder mehr Dienstjahren in Rente gehen. Es kommt aber nicht genügend neues Personal ins Krankenhaus – und die, die kommen, scheinen aus Mangel an Wissen und Erfahrung nur ungern Leprapatienten zu behandeln. Um hier teilweise Abhilfe zu schaffen, setzen wir grosse Hoffnungen in die Krankenpflegeschule.»

Inklusion im Mittelpunkt

Um dieser besorgniserregenden Situation entgegenzuwirken, hat das Krankenhaus in Salur im riesigen Bundesstaat Andhra Pradesh (rund 50 Millionen Einwohner) eine innovative und hoffnungsvolle Initiative gestartet: die Einrichtung einer Krankenpflegeschule. Die Idee ist, eine Spezialisierung auf Lepra in die bestehenden Lehrpläne aufzunehmen und zukünftige Pflegekräfte für die Behandlung von Leprakranken auszubilden.

Zu diesem Zweck wurden alte, ungenutzte Gebäude renoviert und neue gebaut. Das College nimmt auch Studierende auf, die selbst an Lepra erkrankt sind oder Kinder von betroffenen Eltern haben, da sie sich aufgrund des Stigmas, das mit der Krankheit verbunden ist, oft in der Schule oder im College nicht willkommen fühlen. Inklusion steht daher im Mittelpunkt des Programms.

Investitionen in die Ausbildung und Ausstattung des neuen Ausbildungszentrums sind unerlässlich, um die Nachhaltigkeit des Lepra-Fachwissens in Indien zu gewährleisten. Ein Wegfall dieses Fachwissens hätte dramatische Folgen für die von Lepra betroffenen Menschen, die dann keinen Zugang mehr zu der für sie notwendigen Behandlung hätten.

Irene: Aus zwei wurden 37 Jahre

Vor 37 Jahren stiess Irene zum Pflegeteam des Krankenhauses Salur. Sie stammt aus dem Bundesstaat Tamil Nadu (73 Millionen Einwohner) und hatte Schwierigkeiten, ihre Ausbildung zur Krankenschwester in ihrer Heimatregion zu finanzieren, da die Schulgebühren höher waren als erwartet.

Das Spital in Salur beschloss, ihr ein Stipendium zu gewähren, unter der Bedingung, dass sie nach Abschluss ihrer Ausbildung mindestens ein bis zwei Jahre für das Krankenhaus in Salur arbeiten würde. Irene willigte ein, und aus den zwei Jahren wurden 37, die sie in diesem Spital gearbeitet. Damals, als frischgebackene Absolventin, musste Irene auch die Landessprache lernen, denn in Tamil Nadu wird überwiegend Tamil  gesprochen.

Für sie ist Krankenschwester sein nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung. Heute sorgt sie sich um den Mangel an medizinischem Personal, das auf Lepra spezialisiert ist, und um die Zukunft der Patienten. Emotional spricht sie über ihren bevorstehenden Ruhestand in drei Jahren. «Die neue Generation von Krankenschwestern will woanders hin und mehr Geld verdienen. Nur wenige sind bereit, den Leprakranken zu helfen. Stigmatisierung und Angst sind auch unter den medizinischen Fachkräften weit verbreitet. Das beunruhigt mich, denn ich gehe in drei Jahren in Rente und möchte wissen, dass die jüngere Generation diese Arbeit weiterführt.»